Vorsicht Altersdiskriminierung! Unwirksame Kündigung auch in Kleinbetrieben

Wer dachte, dass er bei der Kündigung in einem Kleinbetrieb (weniger als 10 Mitarbeiter) nach alter Gutsherrenart frei schalten und walten könne, hat die Rechnung ohne das Bundesarbeitsgericht gemacht. Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, geht das BAG davon aus, dass eine Kündigung wegen einer Altersdiskriminierung unwirksam sein kann.

Das BAG erklärt in seinem Urteil aus dem Juli 2015, dass bei der Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin aufgrund von ihr vorgetragener Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters nach § 22 AGG zu vermuten ist, wenn es dem Arbeitgeber nicht gelingt, diese Vermutung zu widerlegen. In einem solchen Fall ist die Kündigung unwirksam.

Der Fall: Die am 20. Januar 1950 geborene Klägerin war bei der beklagten Gemeinschaftspraxis seit dem 16. Dezember 1991 als Arzthelferin beschäftigt. In der Praxis waren im Jahr 2013 noch vier jüngere Arbeitnehmerinnen tätig. Die Klägerin war zuletzt überwiegend im Labor eingesetzt.

Die Gesellschafter der Beklagten kündigten ihr Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24. Mai 2013 zum 31. Dezember 2013 wegen Veränderungen im Laborbereich, welche eine Umstrukturierung der Praxis erforderten. Dabei führten sie an, die Klägerin sei „inzwischen pensionsberechtigt“. Den anderen Beschäftigten wurde nicht gekündigt. Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der Kündigung und verlangt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Das Kündigungsschreiben lasse eine Benachteiligung wegen ihres Alters vermuten.

Nach Darstellung der Beklagten sollte die Kündigung lediglich freundlich und verbindlich formuliert werden. Die Kündigung sei wegen eines zu erwartenden Entfalls von 70 bis 80 % der abrechenbaren Laborleistungen erfolgt. Die Klägerin sei mit den übrigen Arzthelferinnen nicht vergleichbar, weil sie schlechter qualifiziert sei. Deshalb sei ihr gekündigt worden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Kündigung verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG und ist deshalb unwirksam. Die Beklagte hat keinen ausreichenden Beweis dafür angeboten, dass die wegen der Erwähnung der „Pensionsberechtigung“ zu vermutende Altersdiskriminierung nicht vorliegt.

Ob und ggf. in welcher Höhe der Klägerin der geltend gemachte Entschädigungsanspruch zusteht, kann noch nicht festgestellt werden. Die Sache wurde insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 457/14 –

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 9. Mai 2014 – 3 Sa 695/13 –

Über Elishewa Patterson-Baysal

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