Neutralitätspflicht des Arbeitgebers bei Betriebsratswahl

Der Arbeitgeber hat im Zusammenhang mit Betriebsratswahlen eine Neutralitätspflicht. Dagegen verstößt er in zur Wahlanfechtung berechtigender Art und Weise, wenn er in Mitarbeiterversammlungen die Arbeitnehmer in Verbindung mit deutlicher Kritik am Verhalten des Betriebsrats zur Aufstellung alternativer Listen auffordert und äußert, wer die Betriebsratsvorsitzende bzw. den Betriebsrat wiederwähle, begehe Verrat am Unternehmen.

Grundsätzlich gilt: Eine Betriebsratswahl ist anfechtbar, wenn der Arbeitgeber unter Verstoß gegen seine Neutralitätspflicht aus § 20 BetrVG versucht hat, Einfluss auf die Wahl zu nehmen.

In einem vom LAG Hessen entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber bereits im Vorfeld der Wahl versucht, auf diese Einfluss zu nehmen und den amtierenden Betriebsrat zu diskreditieren. Er hat die Arbeit des Betriebsrats ins Lächerliche gezogen und gesagt, was sich im Augenblick abspiele, sei eine Zumutung. Als ein Mitarbeiter gefragt hat, was man da machen könne, erklärte der Arbeitgeber, dass ja nächstes Jahr Betriebsratswahlen seien und regte in diesem Zusammenhang an, eine „gescheite Liste“ aufzustellen. Beschäftigte wurden gezielt angesprochen und gefragt, ob sie sich zur Wahl stellen und ggf. den Vorsitz übernehmen wollten.

Anfechtungsgrund

Ein Anfechtungsgrund im Hinblick auf die Betriebsratswahl ergibt sich aus Verletzung der Neutralitätspflicht der Arbeitgeberin. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, über die speziellen Verbote des § 20 BetrVG hinaus in irgendeiner Weise auf die Wahlentscheidung Einfluss zu nehmen. Die Bildung und Zusammensetzung des Betriebsrates ist ausschließlich eine Angelegenheit der Arbeitnehmer.

Der Arbeitgeber hat sich als Gegenspieler des Betriebsrates jeglichen Einflusses auf dessen Zusammensetzung zu enthalten. Er darf insbesondere keine Wahlpropaganda für oder gegen eine Liste oder bestimmte Wahlbewerber machen. Der Arbeitgeber unterliegt einem strikten Neutralitätsgebot. Geschützt ist die Integrität der Wahl. Der Wähler soll vor Beeinflussungen geschützt werden, die geeignet sind, seine Entscheidungsfreiheit ernstlich zu beeinträchtigen. Hierzu gehört auch unzulässiger Druck.

Die Betriebsratswahl soll allein auf der freien Entscheidung der Betriebsangehörigen beruhen. Gibt der Arbeitgeber Empfehlungen zu den Wahlen, etwa das Wahlrecht in einer bestimmten Weise auszuüben, ist dies, wenn eine Beeinflussung des Wahlergebnisses dadurch nicht ausgeschlossen werden kann, ein Grund für die Anfechtung der Wahl.

Dabei kommt es nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Neutralitätspflicht verletzt wurde, sondern darauf, ob der Verstoß sich auf eine bevorstehende Wahl bezieht und auswirkt und ob es sich um eine gezielte Einflussnahme auf die bevorstehende Wahl handelt.

LAG Hessen, 12.11.2015 – 9 TaBV 44/15

Über Elishewa Patterson-Baysal

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