Arbeitnehmerüberlassung: Scheinwerkvertrag führt nicht immer zu Arbeitsvertrag mit Entleiher

Rund um die Arbeitnehmerüberlassung wird die Luft immer dünner. Die gesetzlichen Vorgaben werden immer restriktiver und die Schlupflöcher immer weniger durchlässig. Daher erstaunt die neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Thema Scheinwerkvertrag nicht wenig.

Das Gericht führt aus, dass § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG iVm. § 9 Nr. 1 AÜG das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses ausschließlich bei fehlender Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers fingiert. Weiter vertritt das BAG zudem die Auffassung, dass eine analoge Anwendung dieser Vorschrift bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung entfällt, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Der Gesetzgeber habe für eine solche nicht offene Arbeitnehmerüberlassung bewusst nicht die Rechtsfolge der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher angeordnet.

Der Fall:
Die Klägerin ist technische Zeichnerin. Sie war bei der Beklagten, einem Automobilunternehmen, seit dem Jahr 2004 bis zum 31. Dezember 2013 tätig. Grundlage ihrer Tätigkeit waren zwischen der Beklagten und der Vertragsarbeitgeberin der Klägerin als Werkverträge bezeichnete Vereinbarungen. Die Vertragsarbeitgeberin verfügte über die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Die Klägerin hat gemeint, ihre Vertragsarbeitgeberin und die Beklagte hätten nur Scheinwerkverträge geschlossen, um die Arbeitnehmerüberlassung zu verdecken. Die Beklagte könne sich deshalb nicht auf die erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung berufen.Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, mit der die Klägerin vor allem festgestellt haben wollte, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht.Die Revision der Klägerin hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts ebenfalls keinen Erfolg.

Die Entscheidung:
Besitzt ein Arbeitgeber die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderliche Erlaubnis, als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zu überlassen, kommt zwischen einem Leiharbeitnehmer und einem Entleiher nach geltendem Recht auch dann kein Arbeitsverhältnis zustande, wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers nicht als Arbeitnehmerüberlassung, sondern als Werkvertrag bezeichnet worden ist (verdeckte Arbeitnehmerüberlassung).

Fallschirm hält weiter
Verleiher können sich also weiter auf die sog. Fallschirmlösung verlassen. Von einer solchen wird gesprochen, wenn das de facto überlassende Unternehmen über eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 AÜG verfügt und deshalb die Fiktion (§ 10 Abs. 1 AÜG) nicht eintritt auch wenn eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 12. Juli 2016 – 9 AZR 352/15 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 7. Mai 2015 – 6 Sa 78/14 –

Über Elishewa Patterson-Baysal

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