Wie man beim Eisessen einen Arbeitsunfall erleidet und trotzdem nicht die A*karte zieht
Das ist mächtig schiefgegangen. Ein Arbeiter hatte beim Eisessen einen folgenschweren Unfall.
Der Fall:
Der Arbeitnehmer ist als KfZ-Mechaniker beim einem Automobilkonzern beschäftigt. Am 16.07.2010 war er in dessen Fertigungshalle in Neckarsulm eingesetzt. Sowohl in als auch vor der Halle war es an jenem Tag um die 30 Grad heiß. Während eines mehrminütigen Leerlaufs des Montagebands holte D. am rund 20 Meter von der Halle entfernten Kiosk ein Eis, das er im Schatten unmittelbar vor einer Hallenaußentür verzehrte.
Kurz darauf stieß ein anderer Mitarbeiter die Tür auf und traf hierdurch D. an der linken Ferse. Der Arbeitnehmer erlitt einen Riss seiner Achillessehne und eine 4 cm lange Schnittwunde am Sprunggelenk. Er musste zweimal operiert werden, konnte wegen des Unfalls nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurückkehren.
Die Berufsgenossenschaft (BG) übernahm zunächst die Behandlungskosten, lehnte dann aber die weitere Kostenübernahme und die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab. Der Kläger hätte sich auch am Arbeitsplatz mit kostenlosen Getränken erfrischen können. Zum anderen habe sich der Unfall lediglich eine knappe Stunde nach seiner Mittagspause ereignet.
In seiner Klage machte der Arbeitnehmer geltend, die Arbeitgeberin habe gewünscht, während einer Taktpause nicht »rumzustehen«, sondern den Arbeitsplatz zu verlassen, wenn Besuchergruppen durch das Werk geführt würden.
Die Entscheidung:
Das SG Heilbronn hat entschieden, dass auch ein Unfall beim »Luftschnappen« vor einer 30 Grad heißen Montagehalle einen Arbeitsunfall darstellen kann und die Berufsgenossenschaft verpflichtet, den Unfall vor der Halle als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts hatte D. zwar seinerzeit erst eine knappe Stunde zuvor Mittagspause gehabt. Entscheidend sei aber, dass er sich nicht nur von seinem Arbeitsplatz entfernt habe, um sich ein Eis zu holen. Sondern auch deshalb, weil er ohne »Luftschnappen« aufgrund der Hitze in der Halle und der dortigen schlechten Raumluft seine schwere körperliche Arbeit bis zum Schichtende gar nicht durchgehalten hätte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle:
SG Heilbronn, Urteil vom 8.03.2013
Aktenzeichen: S 13 U 1513/11
Das in diesem Artikel verwendete Foto stammt von Frank Lindecke.
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