Aus der Praxis: Ein Fall von Mobbing?

Wenn ein vermeintliches Mobbingopfer in die Kanzlei einläuft, ist es oft so, dass man als Anwalt nach wenigen Minuten bei sich denkt „na, den hätte ich auch gemobbt“. Diese Darstellung ist ein wenig überzogen, aber leider kommt es häufig vor, dass sich Menschen als Mobbingopfer bezeichnen oder sich auch als ein solches empfinden, die über wenig oder über gar keine emotionale Intelligenz verfügen. Auch aus diesem Grund sind Mobbingfälle bei Juristen nicht unbedingt beliebt.
Die Probleme mit denen man in diesem Fällen konfrontiert wird, sind fast nie juristischer Natur und trotzdem soll man dann als Anwalt Ordnung in das Chaos bringen, was naturgemäß häufig nicht gelingt.

Zunächst muss der Sachverhalt sortiert werden. Nicht jedes subjektiv als schikanös und ausgrenzend empfundenes Verhalten, kann objektiv als „Mobbing“ gewertet werden.

Der Fall: Eine Frau berichtet davon, dass sie sich gemobbt fühlt. Nach der Ausgestaltung ihres Arbeitsplatzes gefragt, berichtet sie, dass sie sich ein Büro mit 3 weiteren Frauen teilt. Sie berichtet detailiert, dass sich die Frauen während der Arbeit oft unterhalten und sie dabei regelmäßig ignoriert werde. Wenn sie sich an dem Gespräch beteiligen möchte, tun die anderen 3 so, als ob sie gar nicht da wäre. Während die 3 anderen immer gemeinsam zum Mittagessen gehen, muss sie alleine essen. Die anderen 3 verabreden sich zu gemeinsamen Unternehmungen immer in ihrer Hörweite ohne sie jedoch je dazu einzuladen. Die Betroffene erklärt, dass sie sich erniedrigt und ausgeschlossen fühle und diese Behandlung sie „krank mache“.
Nun stellt sich die Frage, ist das Mobbing? Die Antwort lautet ganz klar: NEIN! Zwar ist der oben geschilderte Sachverhalt durchaus als unangenehm und belastend anzusehen, aber noch als normale, nicht justiziable Konfliktsituation. Es gehört einfach dazu, dass am Arbeitsplatz Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen, die einem intensiven sozialen Dauerkontakt ausgesetzt sind, auch mal weniger sozialadequat miteinander umgehen.

Nicht jede Respektlosigkeit ist gleich als eine Mobbinghandlung anzusehen meint auch das Landesarbetisgericht Köln seinem Urteil vom 25.03.2010. Auf Dauer sei es nahezu unvermeidbar, dass der Einzelne sporadisch und punktuell in soziale Konfliktsituationen hineingezogen werde. Erst wenn der Konflikt dauerhaft anhält und objektiv einseitig initiiert wird und der Betroffene permanent beleidigt, ständig gekränkt wird, er dauernd herabwürdigende Arbeitsaufträge, die nicht seiner Arbeitsplatzbeschreibung entsprechen, erhält oder sich häufig mit Abmahnungen konfrontiert sieht, die jeglicher Grundlage entbehren, ist von einer Mobbingsituation auszugehen.

In dem hier beschriebenen Fall konnte der Konflikt am Arbeitsplatz nicht gelöst werden. Die Frau hat sich jedoch an ihren Arbeitgeber gewandt und um Unterstützung gebeten. Ein klärendes Gespräch wurde im Anschluss zwar mit den 3 anderen Damen geführt, aber die Situation hat sich nicht nachhaltig verbessert. Situationen wie dieser gehören bedauerlicherweise zum Arbeitsalltag und sind in der vorgenannten Ausgestaltung auch hinzunehmen. Zumindest lassen sich Konflikte dieser Art nicht gerichtlich klären.

Über Elishewa Patterson-Baysal

Schubladendenken überlasse ich anderen! Ich berate Unternehmen ganzheitlich und bestärke sie ihre Mitarbeiter als ihr wichtigstes Asset zu betrachten. Gesunde, fachlich qualifizierte und motivierte Mitarbeiter garantieren den Unternehmenserfolg.

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