Der Moslem der keinen Alkohol mehr anfassen wollte

Ein ähnlicher Fall ging im Jahr 2011 durch die Presse. In dem Fall hatte sich der als „Ladenhilfe“ beschäftigte Kläger – ein gläubiger Moslem – geweigert, in der Getränkeabteilung zu arbeiten. Zur Begründung berief er sich auf seinen Glauben, der im jegliche Mitwirkung bei der Verbreitung von Alkoholika verbiete. Der Arbeitgeber sah darin eine Arbeitsverweigerung und kündigte fristlos. Das LAG Schleswig-Holstein gab dem Arbeitgeber recht, legte die Sache aber dem Bundesarbeitsgericht vor.

Das BAG sah in einem Glaubenskonflikt grundsätzlich ein denkbares Recht zur Arbeitsverweigerung und wies die Sache zurück an das Landesarbeitsgericht. Hier wiederum schlossen die Parteien dann eine Vergleich unbekannten Inhalts, so dass in dem Fall viele Fragen offen blieben.

In seiner Begründung führte das BAG aus, dass ein als „Ladenhilfe“ in einem Einzelhandelsmarkt beschäftigter Arbeitnehmer mit der Zuweisung von Arbeitsaufgaben rechnen muss, die den Umgang mit Alkoholika erfordern. Macht er geltend, aus religiösen Gründen an der Ausübung vertraglich geschuldeter Tätigkeiten gehindert zu sein, muss er dem Arbeitgeber mitteilen, worin genau die religiösen Gründe bestehen, und aufzeigen, an welchen Tätigkeiten er sich gehindert sieht. Besteht für den Arbeitgeber im Rahmen der von ihm zu bestimmenden betrieblichen Organisation die Möglichkeit einer vertragsgemäßen Beschäftigung, die den religionsbedingten Einschränkungen Rechnung trägt, muss er dem Arbeitnehmer diese Tätigkeit zuweisen.

Das ist schon harter Tobak: der Arbeitgeber muss also immer nach Möglichkeiten suchen, wie er den Arbeitnehmer beschäftigen kann, ohne das dieser in Glaubenskonflikte gerät!? Ob damit gläubigen Menschen, egal welcher Religion, wirklich ein Dienst erwiesen wurde, wird sich erst noch erweisen müssen.

Wie sich das Urteil auf die Praxis auswirken kann, zeigt sich an einem aktuellen Fall aus der Praxis.

Der Arbeitgeber führte in einer beschaulichen Stadt ein gut gehendes gemütliches Restaurant mit internationaler Küche. Der Arbeitnehmer arbeitete dort für ihn an der Bar und mixte Cocktails, zapfte Bier und öffnete Wein- und Sektflaschen für die Gäste. So vergingen die Jahre und die beiden Männer verstanden sich gut und hatten aneinander nichts auszusetzen und sich vielleicht sogar ein bisschen lieb.

Eines Tages jedoch kam der Arbeitnehmer mit ernster Miene zum Arbeitgeber und erklärte mit stolz geschwellter Brust, er habe nunmehr zurück zum Glauben seiner Väter gefunden und könne nun als gläubiger Moslem nicht mehr mit Alkohol arbeiten, keine Cocktails mehr mischen und auch keine Weinflaschen mehr anfassen, geschweige denn öffnen.

Darüber war Arbeitgeber arg betrübt und ersuchte Rat bei einem Advokaten. Mit Hinweis auf das Urteil des BAG wurde er dazu befragt, ob es in seinem Lokal denn nicht eine andere Beschäftigungsmöglichkeit für den nunmehr gläubig gewordenen Moslem gebe. Dies wurde vom Arbeitgeber traurig verneint. Die Überprüfung der Situation in dem Restaurant hat die Ausführungen des Arbeitgebers bestätigt, deshalb entschloss sich selbiger zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, weil ein Barmann, der kein Alkohol anfasst ist in einem Lokal nicht mehr einsetzbar und kann seine vertraglich geschuldete Leistung damit nicht mehr erbringen.

Der Arbeitnehmer, seinerseits von der Entwicklung betrübt, erhob schweren Herzens Klage vor dem Arbeitsgericht und bat gleichzeitig darum außergerichtliche Verhandlungen aufzunehmen. Vor dem Gerichtstermin einigten sich die Parteien. Der gläubige Moslem verzichtete gegen Zahlung einer kleinen Abfindung auf die Weiterführung des gerichtlichen Verfahrens und erklärte, er wolle sich in Zukunft ohnehin eher dem Studium des Korans widmen. Am Ende stand der eine ohne Job und der andere ohne seinen lieb gewonnenen Barmann da.

Ein Happy End sieht anders aus.

 

Über Elishewa Patterson-Baysal

Schubladendenken überlasse ich anderen! Ich berate Unternehmen ganzheitlich und bestärke sie ihre Mitarbeiter als ihr wichtigstes Asset zu betrachten. Gesunde, fachlich qualifizierte und motivierte Mitarbeiter garantieren den Unternehmenserfolg.

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