Betriebsvereinbarung wirkt normativ, Belegschaft muss nicht zustimmen
Da haben sich die Betriebsparteien aber mal was interessantes ausgedacht. Die Arbeitgeberin schloss mit dem in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zu variablen Vergütungsbestandteilen der im Lager beschäftigten Arbeitnehmer. Diese sollte allerdings unter der Bedingung in Kraft treten, dass ihr „80 % der abgegebenen Stimmen“ der in ihren Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer bis zum Ablauf einer von der Arbeitgeberin gesetzten Frist „einzelvertraglich“ schriftlich zustimmen.
Für den Fall eines Unterschreitens des Zustimmungsquorums konnte die Arbeitgeberin „dies“ dennoch für ausreichend erklären.
Das kam dann nicht nur dem Betriebsrat spanisch vor. Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 28.07.2020 erklärt, dass der Arbeitgeber da wohl was falsch verstanden hat.
Die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung kann nicht von einem Zustimmungsquorum der Belegschaft abhängig gemacht werden.
Widerspruch zu den Stukturprinzipien der Betriebsverfassung
Eine solche Regelung widerspricht den Strukturprinzipien der Betriebsverfassung. Danach ist der gewählte Betriebsrat Repräsentant der Belegschaft. Er wird als Organ der Betriebsverfassung im eigenen Namen kraft Amtes tätig und ist weder an Weisungen der Arbeitnehmer gebunden noch bedarf sein Handeln deren Zustimmung. Eine von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarung gilt kraft Gesetzes unmittelbar und zwingend. Damit gestaltet sie unabhängig vom Willen oder der Kenntnis der Parteien eines Arbeitsvertrags das Arbeitsverhältnis und erfasst auch später eintretende Arbeitnehmer. Das schließt es aus, die Geltung einer Betriebsvereinbarung an das Erreichen eines Zustimmungsquorums verbunden mit dem Abschluss einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu knüpfen.